Seminar-Feeling im Edel-Ambiente

Eine 40-teilige Reportage über die Wirtschaftskanzlei Osborne Clarke. | Folge 22 |

Von Winfried Kretschmer

"Jeder kann lehren, jeder kann lernen", ist das Motto der Inhouse-Seminare, die bei Osborne Clarke jeden Dienstagmittag stattfinden. Weiterbildung im Do-it-yourself-Verfahren, von Mitarbeitern für Mitarbeiter und dazu ein Lunch auf Firmenkosten.

Ein Stillleben vor Kölner City-Kulisse. Auf der Fensterbank im Tagungsraum "Wembley" im zehnten Stock des Bürohochhauses an der Inneren Kanalstraße ist ein kleines Büfett aufgebaut. Links Salat und Sandwiches, in der Mitte Teller, Servietten und Besteck, ganz rechts Kaffee, Kringel und Muffins für den Nachtisch. Und der Blick auf den Kölner Dom fürs Auge.
Weder Büfett noch Dom gilt indes die Aufmerksamkeit der Zuhörer, die um den ovalen Konferenztisch in der Mitte des Raumes sitzen. Sie lauschen den beiden Referenten, die sich unter der Projektionswand an der Stirnseite mühen, ihrer Zuhörerschaft die Neuerungen der novellierten Zivilprozessordnung nahe zu bringen. Durch das neue Recht werde das "Berufungsverfahren immer mehr zum Revisionsverfahren", doziert Jürgen Ehrlichmann, ein junger Anwalt aus dem Kölner Büro von Osborne Clarke. Zusammen mit seinem Kollegen Burkard Bruns hat er das erste Inhouse-Seminar zur Weiterbildung der Mitarbeiter übernommen. Die Idee: In einer verlängerten Mittagspause geben Mitarbeiter ihr Fachwissen an ihre Kollegen weiter, das Unternehmen spendiert den Imbiss und die Getränke.

Lehrbuchsätze haben keine Chance.


Rund 20 Mitarbeiter sind gekommen, Anwälte und Personal Assistants. Eine Sitzordnung gibt es nicht. Wer keinen Platz am Tisch mehr ergattern konnte, holt sich einen Stuhl und setzt sich in die zweite Reihe. Das Publikum ist jung, die Kleidung leger. Jeans und Pulli sind fast die Regel, nur vier Partneranwälte tragen Sakko und Krawatte. Man fühlt sich ein wenig an ein Seminar an der Uni erinnert, wären da nicht der edle Konferenztisch aus massivem Kirschbaumholz und schwarzer Esche und die Chrom-Leder-Stühle. Der Ton indes locker, lockerer vielleicht sogar als an der Universität, wo vom Referat meist auch die Note auf dem Schein abhängt. Hier jedoch steht das Lernen im Mittelpunkt. Zwischenfragen unterbrechen das Referat, an einzelnen Fragen entzünden sich Diskussionen über Theorie und Praxis des neuen Rechts. Es geht um Rechtsmittel, Fristen und Gebühren, all das, was in der Alltagspraxis zu beachten ist. Es herrscht eine offene Atmosphäre der Informationsvermittlung. Auch die dienstälteren Anwälte haben keine Scheu, Wissenslücken zu offenbaren. Niemand kann alles wissen, jeder aber kann Neues lernen - dies scheint der nicht ausgesprochene Grundkonsens in dieser Runde zu sein. Es wird gefragt und nachgefragt, bis die Antwort erschöpfend genug ausfällt, eherne Lehrbuchsätze haben keine Chance.

Nachfragen, nachfragen, nachfragen.


Zum Beispiel, als sich einer der Referenten dazu versteigt, das rechtliche Verschlechterungsverbot im standesgemäßen Latein "Reformatio in peius" zu zitieren - und damit auf den erbitterten Widerstand von Andrea Telkmann stößt. Die Assistentin im Property-Team bittet um eine Übersetzung ins Deutsche. Mit einer ausholenden Erklärung gibt sie sich nicht zufrieden. "Den Sinn verstehe ich, aber ich möchte das übersetzt haben", beharrt sie - und gibt damit ein gutes Beispiel ab für das, was die beiden Referenten ihren Kollegen für den Umgang mit Mandanten empfehlen: "Nachfragen, nachfragen, nachfragen!" Nachfragen, um sicherzustellen, dass man auch alle wichtigen Informationen erhält. Denn nur dies sichere "die erstklassige Qualität der Mandatsbearbeitung", so die Referenten. Und schützt zudem vor dem Fallbeil des anwaltschaftlichen Haftungsrechts.
Einmal in der Woche, immer dienstags finden diese Inhouse-Seminare statt, seit knapp einem halben Jahr. Jede Woche steht ein anderes Thema auf der Agenda, und ein anderer Referent übt sich vor kollegialer Zuhörerschaft. Managing Partner Stefan Rizor begreift den Prozess der Wissensvermittlung als wechselseitigen: Die jungen Anwälte geben ihr Fachwissen an ihre Kollegen weiter und eignen sich dabei zugleich Routine im Auftritt vor Publikum an - und die Tricks, die einen routinierten Referenten auszeichnen. Zum Beispiel nur lateinische Zitate zu verwenden, wenn man sie auch übersetzen kann.
"Jeder kann lehren, jeder kann lernen", ist für Rizor das Motto dieser Lunch-Sessions. Das gilt für alle. Warum sollte nicht eine erfahrene Rechtsanwaltsgehilfin jungen Referendaren und Anwälten - ganz praxisnah - die Grundbegriffe der Zwangsvollstreckung oder der Liquidation vermitteln, fragt der Kanzleimanager.

Gratisinformation plus Networking.


Daneben nutzt man bei Osborne Clarke die Seminare auch als Marketing-Instrument, respektive zur Mandantenpflege. Per E-Mail lädt man Mandanten und Freunde der Kanzlei zu den internen Schulungen ein und bietet diesen so gleich eine Möglichkeit, die Mitarbeiter und den ungezwungenen Stil des Hauses kennen zu lernen. Kostenlose Information und Networking inbegriffen. Das kommt an. So gut, dass die Kanzlei als zusätzliches Angebot ein eigenes Seminarprogramm an Abendterminen aufgelegt hat: die "Osborne Clarke Inhouse-Seminare 2002". "Wir möchten damit einen Service für unsere Mandanten anbieten, zugleich aber auch für diejenigen, die uns noch nicht kennen und uns kennen lernen wollen", umreißt OC-Partner Rudolf Hübner, der das Seminarprogramm betreut, die Idee. "Wir berichten über aktuelle Themen und verbinden das mit einem gesellschaftlichen Zusammentreffen." Sechs Seminare zu aktuellen Themen des Wirtschaftsrechts umfasst das erste Halbjahresprogramm, das bis in den November geht. Darunter "Mitarbeiterbeteiligung in kleineren und mittleren Unternehmen" sowie "Outsourcing von IT-Dienstleistungen". Die 30 Euro pro Person decken gerade mal die Unkosten. Für jeden Teilnehmer gibt es einen kleinen Imbiss, Getränke - und pure Information.

Das Bild oben zeigt ein Inhouse-Seminar bei Osborne Clarke: Partner Rudolf Hübner referiert über aktuelle Entwicklungen im Wirtschaftsrecht.

Winfried Kretschmer, Journalist und Autor, arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.

Die nächste Folge erscheint kommenden Montag.

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Winfried Kretschmer
Kretschmer

Winfried Kretschmer ist Chefredakteur und Geschäftsführer von changeX.

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