Gut umgeschult ist halb gewonnen

Serie Umschulung: Folge 2 - Lehre im Schnelldurchlauf.

Von Nina Hesse

Eine Umschulung ist oft die Chance, in der Wirtschaft wieder richtig Fuß zu fassen - und dies mit fundierten Kenntnissen und einem anerkannten Abschluss. Diese Erfahrungen machten die Absolventen des Applikationsentwickler-Kurses von Siemens Business Services, der sie zum Fachinformatiker qualifizierte.

Einen neuen Job zu finden ist nicht leicht. Gerade in einer wirtschaftlichen Krise. Gerade dann, wenn man kein abgeschlossenes Studium oder eine solide Ausbildung vorweisen kann. Das war auch Manfred Rädermann klar. Vor zweieinhalb Jahren, als die Wirtschaft boomte, hatte er wie viele andere Kommilitonen sein Betriebswirtschaftsstudium geschmissen und angefangen zu arbeiten. Doch als die Nachrichten aus der Wirtschaft immer schlechter wurden, entschied er sich - mittlerweile arbeitslos -, seine Kenntnisse auf eine solide Basis zu stellen. "Software war für mich ein Hobby, ich habe schon als Jugendlicher damit herumgebastelt", erzählt er. "Ich hatte Lust, dieses Hobby zum Beruf zu machen." Mit 28 anderen Teilnehmern absolvierte er den Lehrgang "Applikationsentwickler kaufmännische Systeme" (SAP R/3) im Training Center Münster von Siemens Business Services. Als Bildungsträger qualifiziert der Bereich Training and Services von Siemens Business Services deutschlandweit Quereinsteiger und Arbeitslose für IT-Aufgaben. Dabei arbeitet er schon seit 20 Jahren mit Arbeitsämtern und Unternehmen zusammen. Zwischen drei und 24 Monate dauern die Kurse, deren Kosten meist vom Arbeitsamt übernommen werden. Zwar sind IT-Kenntnisse allein kein Freibrief für Erfolg, doch eine solide Ausbildung ist immer noch eine Chance, auf die man aufbauen kann.

Breites Fachwissen - gute Jobchancen.


Der Kurs in Münster, der im Herbst 2002 zur Prüfung antrat, mauserte sich zur Erfolgsstory. Alle Teilnehmer bestanden die IHK-Prüfung für den Berufsabschluss Fachinformatiker (Fachrichtung Anwendungsentwicklung) mit guten Ergebnissen und hatten so einen anerkannten Abschluss in der Tasche. Zwei von ihnen bekamen die Bestnote "Sehr gut", keiner fiel durch. Und das, obwohl sie den Stoff einer normalen, dreijährigen Lehre in zwei Jahren absolviert hatten. Bei Siemens Business Services liegt die Zahl der Absolventen, die die IHK-Prüfung nicht bestehen, seit Jahren unter zehn Prozent - und damit weit unter dem Durchschnitt anderer Bildungsträger.
Ein beachtlicher Teil der Absolventen fand auf Anhieb einen Job. Auch Rädermann, denn durch sein Praktikum und die freiberufliche Arbeit bei seiner ehemaligen Praktikumsfirma hatte er wertvolle Kontakte bekommen. So klappte der Übergang perfekt. Heute ist Rädermann, 38, in der Softwareentwicklung bei einer Unternehmensberatung für Finanzdienstleister - und muss nicht länger fürchten, als Quereinsteiger ohne anerkannten Abschluss schief angeschaut zu werden.
"Leider ist die Vermittlungsquote der Absolventen zurzeit nicht ganz so hoch wie vor ein paar Jahren, aber sie beträgt immer noch um die 80 Prozent", bestätigt Ursula Kahra, bei Training and Services verantwortlich für das Designmanagement von (Re-)Qualifizierungsmaßnahmen. "Denn die Unternehmen wissen, dass sie aus diesen vielen IT-Lehrgängen, die an den einzelnen Standorten durchgeführt werden, gut ausgebildete Spezialisten mit breitem Fachwissen bekommen." Die Kurse sind angelehnt an die neuen arbeitsprozessorientierten Profile der betrieblichen IT-Weiterbildung, die es Quereinsteigern ermöglicht, durch die Arbeit an Projekten in ihrem Unternehmen eine anerkannte Qualifizierung zu erwerben.

Flexibles Curriculum.


IT-Ausbildungen und -Umschulungen sind heute anders aufgebaut als Ausbildungen früher. Mit gutem Grund, die alten Regelungen waren zu unflexibel. "Beim DV-Kaufmann stand beispielsweise in der Ausbildungsordnung, dass die Absolventen sich mit Großrechnern und der Computersprache COBOL auskennen sollten - das brauchten die in der Praxis nicht", schüttelt Horst Bruckmann vom Training Center Münster den Kopf. "Inzwischen hat auch der Gesetzgeber erkannt, dass Wissen nirgendwo so schnell veraltet wie im IT-Bereich." In den neuen Regelungen sind genau die Arbeitsmethoden festgelegt, die die Absolventen auch beherrschen müssen, aber keine bestimmten Programmiersprachen mehr. So kann die Ausbildung besser auf die Bedürfnisse der Betriebe zugeschnitten werden. Im Fachinformatiker-Kurs von Münster wurden Java und Visual Basic gelehrt, in zukünftigen Kursen können genauso gut noch DELPHI und C++ hinzukommen.
In der Ausbildung wird längst nicht mehr nur reines Fachwissen gelehrt, das war einmal. Zwar erlernen die Teilnehmer auch Computerarchitekturen, Datenbanken und das Erstellen komplexer Algorithmen, aber dazwischen gilt es immer wieder, Module zum Thema Teamarbeit, soziale Kompetenz, Projektmanagement und Betriebswirtschaftslehre zu absolvieren. Denn diese Schlüsselqualifikationen sind ebenso wichtig wie das Wissen selbst.

Lernen in Fallbeispielen und Projekten.


Eingeübt werden die Fähigkeiten der zukünftigen Fachinformatiker - auch das ist neu - anhand von fünf immer komplexer werdenden Fallstudien aus der Praxis, die die Teilnehmer programmieren und simulieren sollen. In Team- und Einzelarbeit packen sie die Aufgaben an und lernen dabei gleich das, worauf es im Job später ankommen wird, nämlich Problemstellungen zu analysieren und zu lösen. "Die Ausbildung war so praxisbezogen, dass ich das Wissen im Praktikum und später im Job sofort einsetzen konnte", so Rädermann.
In den beiden dreimonatigen Betriebspraktika, die vom Münsteraner Training Center betreut werden, wird in verschiedensten Unternehmen der Region der künftige Berufsalltag erprobt. Aber nicht nur das. Eine "betriebliche Projektarbeit", in der die Teilnehmer selbst ein Projekt durchführen, dokumentieren und präsentieren müssen, ist neben der mündlichen Prüfung und den Klausuren ein wichtiger Teil der IHK-Prüfung. "Im Kurs hatten die Teilnehmer das schon mehrfach vor der Prüfung trainiert: Zu jeder Fallstudie erstellten sie eine Projektdokumentation und präsentierten diese anschließend dem Kurs", erklärt Bruckmann.
Im ersten Praktikum konnten die meisten Nachwuchs-Fachinformatiker einen Vorschlag für ein Projekt erarbeiten. Im zweiten Praktikum ging es dann darum, die Idee umzusetzen. Rädermann schrieb für eine vorhandene Controllingsoftware ein Modul, das Daten aus XML-Dateien importiert, sein Mitschüler Peter S. wertete Fehlermeldungen von Geldautomaten und Kontoauszugsdruckern aus und Uwe G. erstellte ein Pflichtenheft für einen neuen Baufinanzierungsrechner. Teilnehmer Frank W. durfte im Auftrag seiner Praktikumsfirma sogar ein webbasiertes Bundesliga-Tippspiel entwickeln - und hatte eine Menge Spaß dabei.

Strenge Auswahl.


Grund für den Erfolg des Kurses war auch, dass die zwischen 24 und 40 Jahre alten Teilnehmer gezielt ausgewählt wurden. Jeder Interessent musste sich mit Unterlagen bewerben und eine IT-Eignungsprüfung bestehen. Für Manfred Rädermann eine sinnvolle Sache: "Man muss auch ein Talent für so etwas haben, das kann einem niemand beibringen", meint Rädermann.
Dennoch hatten die Absolventen damit zu kämpfen, dass in einigen Firmen Vorurteile gegenüber Umschülern bestehen. Ungerechtfertigt, wie einer der Einser-Absolventen des Münsteraner Kurses, Lutz Morrien, meint. Er ist inzwischen in einem Unternehmen in Ahaus angestellt und arbeitet im Bereich Business Intelligence und Data Warehouse. "Umschüler bringen Vorteile mit, die leicht übersehen werden", findet er.
Zwei der wichtigsten Argumente: Da die Kursteilnehmer in der Regel älter sind als normale Azubis, bringen sie ihre bis zur Umschulung erworbenen Qualifikationen in ein Unternehmen ein - und das gratis. Sie verfügen in der Regel über ein gesundes Maß an Lebenserfahrung, was gerade im Umgang mit Kunden von vielen Firmen geschätzt wird. Und sie sind meist hoch motiviert, wie der Kurs selbst beweist: "Unsere Leute haben intensiv auf ihren Abschluss hingearbeitet. Man muss sich schon ganz schön disziplinieren, um das Pensum, das normale Azubis in drei Jahren schaffen, in zwei Jahren zu bewältigen. Reguläre Auszubildende, die in den Betrieben arbeiten und ihr Wissen auf dem Berufsschulweg erwerben, haben zwar einen leichten Vorsprung in der Praxiserfahrung. Dieses Manko wird durch den hohen Wissensstand der Siemens-Absolventen aber mehr als ausgeglichen", meint auch Bruckmann. Und der frisch gebackene Fachinformatiker Morrien ist sicher: "Gute Anwendungsentwickler, auch Umschüler, werden sicherlich immer eine Chance am Arbeitsmarkt haben. Leistung und eine fundierte Ausbildung werden auch in solchen Zeiten honoriert."

Zur Übersicht aller bisher erschienenen Beiträge der "Serie Umschulung".

Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.

Kontakt:
Horst Bruckmann
Horst.Bruckmann@siemens.com

www.siemens.com/training
www.siemens.de/qp

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