Wuff!
Günter, der innere Schweinehund - das neue Buch von Stefan Frädrich.
Von Nina Hesse
Einen putzigeren inneren Schweinehund gab es noch nie. Seine Eskapaden begleiten die vielen Tipps, in denen der Autor dazu anleitet, seine Wahrnehmungen zu hinterfragen, seine "bequeme Zone" auszuweiten und die eigenen Emotionen zu lenken. Also Günter Schritt für Schritt zu einem wohlerzogenen Begleiter zu machen.
Doch nicht joggen gegangen wie geplant? Das Schreiben des lästigen Berichts auf irgendwann verschoben? Mal wieder eine Kaloriensünde begangen? Wetten, dass eine kleine Stimme in Ihrem Hinterkopf vorher "Heute ist das Wetter viel zu schlecht, da erkälte ich mich nur!", "Kann ich genauso gut nächste Woche machen" oder "Frauen brauchen Schokolade" gemurmelt hat? Stefan Frädrich hat jetzt das Geheimnis, wer der kleine Saboteur ist, gelüftet. Nämlich Günter, der innere Schweinehund. Timo Wuerz hat ihn optisch zum Leben erweckt als ein putziges Wesen mit Hundekörper, Schweineschnauze und apart gerolltem Schwänzchen. Eifrig hechelnd guckt er vom Titelblatt - ganz klar, Günter ist eigentlich kein Bösewicht. Bestimmt könnte er mit ein paar guten Tipps richtig handzahm werden. Und die bekommt man auf eine Art und Weise präsentiert, dass man aus dem Schmunzeln gar nicht mehr herauskommt. Jede der über 100 in lockerem Ton geschriebenen Lerneinheiten wird von einem Günter-Cartoon begleitet.

Der missverstandene Helfer.


Da wohl kaum jemand extra ins Tierheim gegangen ist, um sich ein Haustier wie Günter zuzulegen, erklärt Stefan Frädrich (übrigens ein Dr. med.) erst einmal, woher der kleine Begleiter stammt. Aus der Kindheit nämlich, so seine eigenwillige These. Ähnlich, wie es die Eltern einst getan haben, will er einen schützen. Zum Beispiel vor Überforderung. Aber als Erwachsener braucht man seine Ratschläge nicht mehr. Und Günter lernt nicht dazu. Deshalb berät das nervige Tier einen manchmal gut und manchmal schlecht. "Günter pfuscht immer dann, wenn dir etwas zwar kurzfristig bequem erscheint, aber langfristig schadet", meint Frädrich.
Frädrichs Anti-Schweinehund-Programm besteht aus vielen kleinen Tipps - das ist auch aus dem Grund gut, weil man große Veränderungen selten "am Stück" packt, sondern in vielen kleinen Schritten. In Salami-Taktik, per Vertrag mit sich selbst, wie der Autor erläutert. Behutsam und in einfacher Sprache leitet er dazu an, seine Überzeugungen zu hinterfragen, seine Lebensbereiche auf Verbesserungsansätze hin zu analysieren und aus der Routine herauszufinden. Denn Günter und Co. vergöttern eingefahrene Gleise geradezu. "Je länger wir uns in unserer bequemen Zone aufhalten, desto höher werden die Mauern darum herum", gibt Frädrich zu bedenken und rät, jeden Tag eine Kleinigkeit anders zu machen als sonst. Herausforderungen anzunehmen. Zufälle zu seinem Freund zu machen. Und dadurch nach und nach die bequeme Zone riesengroß zu machen.

Mit sich selbst und anderen richtig umgehen.


Aber auch der Umgang mit den eigenen Gefühlen ist ein großes Thema in seinem Leitfaden. Denn der Schweinehund spricht sozusagen nicht aus dem Kopf, sondern aus dem Bauch. Wenn man seine Emotionen aus sicherer Distanz heraus betrachtet, kann man nach und nach lernen, seine Gefühle zu steuern. "Nicht die Welt macht dich unglücklich, sondern nur das, was du über die Welt denkst", gibt Frädrich zu bedenken und rät, das innere Selbstgespräch zu beeinflussen und alten Ärger wegzuwerfen.
Aber auch anderen Angewohnheiten des ungeliebten Haustiers kann man Herr werden. Zum Beispiel teilt Günter die Welt gerne in Schwarz und Weiß ein. "Wenn du Günter mal wieder dabei erwischst, dass er voller Vorurteile und Gehässigkeit ins Blaue hinein urteilt, dann erkläre ihm, dass die meisten Menschen nichts Böses wollen", rät der Autor. Geschickt vermeidet er dadurch, dass er die Kritik auf den Schweinehund lenkt, dass der erhobene Zeigefinger allzu arg durch den Text durchscheint. Und die Cartoons dazu sind immer witzig und auf den Punkt gebracht.
Die Bandbreite der Tipps reicht weit über den Umgang mit sich selbst hinaus und bis hin zu Hinweisen, wie man richtig kommuniziert, mit Ekelpaketen umgeht und andere Menschen überzeugt. Inhaltlich ist das Buch ein munterer Mix aus Psychotherapie, Kommunikation, Selbstmanagement und Motivationspsychologie. Praktisch ist das für all jene, die keine Lust haben, sich auf die umfangreiche Motivationsliteratur einzulassen - Frädrichs Büchlein ist förmlich ein Abstract davon. Damit eignet es sich blendend als augenzwinkerndes Geschenk für Freunde und Mitmenschen, deren innerer Schweinehund besonders aktiv ist.

Zähmung geglückt.


Aber das Ziel der Übung ist nicht, das Tierchen an die ganz kurze Leine zu legen und streng zu dressieren. Wenn man locker lässt und Günter auch mal ein paar Sünden anregen darf, wird er nachher umso besser mit seinem Herrchen zusammenarbeiten. Dazu passt auch das Schlussbild: Freudig wedelnd, mit aufgestellten Ohren, blickt Günter dem Leser entgegen. "Günter ist jetzt ein ausgebildeter Schweinehund", lobt Frädrich. "Jetzt weiß er wirklich, was gut für dich ist." Und Herrchen beziehungsweise Frauchen hat gelernt, sich die Ohren zuzuhalten, wenn Günter mal wieder das Falsche bellt.

Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.

Stefan Frädrich:
Günter, der innere Schweinehund.
Ein tierisches Motivationsbuch,

illustriert von Timo Wuerz,
Gabal Verlag, Offenbach 2004,
221 Seiten, 9.90 Euro,
ISBN 3-89749-457-4
www.gabal-verlag.de

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Zum Buch

: Günter, der innere Schweinehund. . Ein tierisches Motivationsbuch. Illustriert von Timo Wuerz. . Gabal Verlag, Offenbach 1900, 221 Seiten, ISBN 3-89749-457-4

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