Leben im Clan

Krupp als Beispiel für die Macht der Unternehmerfamilien.

Von Sylvia Englert

Familiendynastien wie die der Krupps drücken Deutschland ihren Stempel auf - selbst heute noch.

Aus heutiger Sicht ist Krupp ein gutes Beispiel für gelungene Corporate Identity. Die Krupps schafften es, aus ihren Produkten einen deutschen Mythos zu machen ("Hart wie Kruppstahl", wünschte sich Adolf Hitler die deutsche Jugend) und ihre Arbeiter waren stolz darauf, "Kruppianer" zu sein. Doch da sie nun mal Stahl herstellten, Kanonen und Panzerplatten in alle Welt exportierten, war ihr Geschäft immer eng und schicksalhaft mit der Politik verknüpft.
Unterhaltsam und erfreulich kritisch beschreibt Thomas Rother im ersten Band der Campus-Reihe "Familienbande" Aufstieg und Fall der Stahl-Dynastie, die mehr als ein Jahrhundert lang das Ruhrgebiet dominierte. Die Geschichte der Krupps beginnt im 16. Jahrhundert mit dem holländischen Religionsflüchtling Arndt Kruipe. Sein Nachkomme Friedrich Krupp vergeudet sein Vermögen beim Versuch, das Geheimnis der Gussstahlerzeugung zu lüften und zu schnell zu expandieren. Erst dessen Sohn Alfred, der im zarten Alter von 14 Jahren die marode Firma übernimmt, schafft es, daraus das gigantische Unternehmen zu machen, das seinem Vater vorschwebte. Glücklich wird indes kaum einer seiner Nachkommen, die still und blass in der palastähnlichen, kaum heizbaren Villa Hügel aufwachsen. Pflichtbewusst und streng widmen die Familienmitglieder ihr Leben der Fabrik, mit Erfolg: 1914 beschäftigt Krupp mehr als 43.000 Menschen, über 60 Prozent der Einwohner Essens arbeiten für die Firma. Für sie wird gut gesorgt, die Sozialleistungen, die die Kruppschen Patriarchen für ihre Arbeiter bereitstellten, sind für ihre Zeit revolutionär und prägten den sich entwickelnden Sozialstaat. Doch das Unternehmen geht vor: Als im Zweiten Weltkrieg Arbeitskräfte knapp werden, müssen Tausende von Menschen aller Nationalitäten unfreiwillig in den Werken schuften.
Krupps Rolle als Waffenschmiede des Dritten Reiches bringt Alfried von Bohlen und Halbach stellvertretend für seinen Hitler-begeisterten Vater Gustav Krupp schließlich ins Gefängnis. Jahrzehnte später verzichtet der letzte Spross der Stahl-Dynastie auf sein Milliardenerbe und stimmt der Umwandlung des Konzerns in eine Stiftung zu. Einer der Nachkommen des Krupp-Clans, Friedrich von Bohlen und Halbach, schafft schließlich den Sprung in die New Economy und gründet die Firma Lion Bioscience, die Software für die Entschlüsselung von genetischen Informationen entwickelt. Vielleicht bilden sich zur Zeit schon neue Familiendynastien, die aus der Gründerzeit der New Economy hervorgehen? Doch das lässt sich erst in ein paar Jahrzehnten sagen.

Thomas Rother:
Die Krupps. Durch fünf Generationen Stahl,
Campus Verlag 2001, 246 Seiten, 39,80 Mark

In derselben Reihe ist auch der folgende Band erschienen:

Hans-Joachim Bauer:
Die Wagners. Macht und Geheimnis einer Theaterdynastie,
Campus Verlag 2001, 230 S., 39,80 Mark

Sylvia Englert, Journalistin und Buchautorin, ist Redakteurin bei changeX.

www.campus.de

© changeX Partnerforum [12.04.2001] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.


changeX 12.04.2001. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

Artikeltools

PDF öffnen

Campus Verlag

Weitere Artikel dieses Partners

Die Turnaround-Frau

Mit harten Bandagen. Die Autobiografie - das neue Buch von Carly Fiorina. zur Rezension

Family.com

Der Unternehmer als Chef, Manager, Privatperson - das neue Buch von Peter May. zur Rezension

Gewinn ahoi!

Der gewinnorientierte Manager - das neue Buch von Hermann Simon, Frank F. Bilstein und Frank Luby. zur Rezension

Zum Buch

: Die Krupps. . Durch fünf Generationen Stahl.. Campus Verlag, Frankfurt am Main 1900, 246 Seiten, ISBN 3-593-36530-8

Buch bestellen bei
Osiander
genialokal
Amazon

Autorin

Sylvia Englert

nach oben