Anhalten, entspannen, nachdenken
Der Weg zu sich selbst - ein Gespräch mit Paul J. Kohtes.
Von Peter Felixberger
Deutschlands bekanntester PR-Berater zeigt, was gute Manager brauchen: Erfolg und Gelassenheit, Profit und Entspannung, Vision und Offenheit. Ein überfälliges Plädoyer für die Verbindung persönlicher Integrität, Sinnsuche und wirtschaftlichem Erfolg. Sowie eine Anleitung, die andere Wirklichkeit im Businessleben zu entdecken. Was hat das alles mit Hase und Igel zu tun? / 09.11.06
Paul J. KohtesPaul J. Kohtes gründete mit 28 Jahren eine der erfolgreichsten PR-Agenturen Deutschlands (Kohtes & Klewes, jetzt Pleon). Heute leitet der 61-Jährige überwiegend Seminare und macht Führungskräfte-Coaching. Überdies gründete Kohtes 1998 die Identity Foundation, welche die wissenschaftliche Erforschung des Themas Identität zum Ziel hat.
Ein Buch vom bekanntesten deutschen PR-Berater, der seine Zeitgenossen zu mehr Gelassenheit und Ruhe mahnt, fordert natürlich heraus. Wie kam der plötzliche Sinneswandel des "Hör auf zu rennen" zustande?
Ich meine damit nicht: Hören Sie auf zu rennen und legen Sie sich in die Ackerfurche. Es geht vielmehr um eine andere Form des Sichengagierens. Bei mir persönlich verbirgt sich dahinter ein langer Prozess. Mit den Jahren merkte ich, wie zäh viele Dinge im Job waren und wie ich mich oft quälen musste. Am Wochenende fühlte ich mich dann kaputt und hatte wenig Zeit für die Familie. Viele meiner Kollegen haben sich damit abgefunden. Ich nicht. Ich wollte die beiden Facetten des Lebens miteinander verbinden: den rasenden Kämpfer im Dickicht von Macht und Erfolg und den gelassenen, souveränen und entspannten Akteur.
Wird man in Deutschland nicht als Spinner abgekanzelt, wenn man nicht mehr im Hamsterrad mitlaufen will?
Leider ja. Der Common Sense in Unternehmen lautet: Wenn du nicht wie ein Verrückter arbeitest, wirst du hier nicht akzeptiert. Dann gehörst du nicht zu uns, weil wir alle so sind. Aber es geht auch anders. Und wie gesagt: Ich habe das alles über 30 Jahre mitgemacht. Ich weiß, wovon ich spreche.
Viele Menschen aber schaffen es nicht mehr, dem Hamsterrad zu entfliehen. Was würden Sie ihnen raten?
Der Wandel findet nicht von einer Sekunde auf die andere statt. Er dauert sehr lange und ist nicht damit zu erreichen, auf die Schnelle den Job hinzuwerfen, sondern man tastet sich an seine persönliche, innere Entwicklung heran. Das Blöde: Die meisten Menschen wollen sich nicht auf diese Reise begeben.
Weil sie vor der Selbsterkundung Angst haben?
Ja, denn leider ist "Angst" der Schlüsselbegriff in der Wirtschaft. Gut versteckt hinter Show, Glamour und Intrigen. Vor allem sind Männer ängstlicher, als man glaubt. Der Grund? Sie haben bemerkenswert viel Angst, überflüssig zu werden oder zu sein.
Das Märchen vom Hasen und vom Igel ist die zentrale Denkfigur in Ihrem Buch. Sie fordern, dass wir von beiden lernen können. Inwieweit?
Meine Co-Autorin Nadja Rosmann wollte zu Beginn den Igel als den Guten herausarbeiten und den Hasen etwas herabwürdigen. Schließlich waren Nadja und ich uns aber einig: Der Hase ist nicht nur der dumme Tölpel, sondern er ist im System sehr stimmig. Er merkt nur nicht, dass er seine Igelanteile fördern könnte. Der faule Igel wiederum, im Businessleben besser bekannt als Drückeberger, könnte die Power vom Hasen durchaus gebrauchen. Kurzum: Vom Hasen können wir Tempo und Vorwärtsdrang und vom Igel Klugheit und Gelassenheit lernen.
Sie wollen beide Anteile im Menschen zum Klingen bringen. Schluss also mit Entweder-oder?
Ja, wir müssen uns endlich davon verabschieden, immer nur im Entweder-oder zu denken und zu entscheiden. Erst wenn wir wechseln können zwischen so oder so, wird das Leben lebenswert. Die Vielfalt macht's!
Sind eigentlich viele Menschen unglücklich in ihrem Arbeitsleben?
Nein, das kann ich so nicht bestätigen. Erstens sind viele froh, dass sie überhaupt einen Job haben. Und zweitens akzeptieren viele die Mängel in ihrem Job mehr oder weniger klaglos. Sie verlangen gar nicht nach mehr oder Höherem. Sie haben keine Sehnsucht danach, wie es wirklich gehen könnte.
Warum?
Ein Jungmanager mit 30 möchte nicht das System verändern, sondern Karriere machen. Er passt sich folglich den Verhältnissen naht- und klaglos an. Wenn man das aber so einseitig macht, ruiniert man seine Persönlichkeit. Deshalb versuche ich in Seminaren, den Leuten zunächst zu helfen, etwas Abstand zu gewinnen. Was nicht so einfach ist. Ich hatte mal Manager, die sollten sich am ersten Seminarabend zur Entspannung auf den Boden legen. Die Hälfte der Manager hat das abgelehnt. Es war ihnen peinlich. Später waren sie dann sehr dankbar, weil viele zum ersten Mal überhaupt so etwas wie Entspannung erlebt haben. Das kennen die sonst nur nach ein paar Bierchen.
Ihr Buch beschreibt acht ungewöhnliche Wege, wie man ein erfülltes Arbeitsleben führen kann. Was ist sein Ziel? Ratgeber oder Begleiter auf dem Weg zu mehr Gelassenheit?
Das Buch will zunächst ein Wecker sein. Der Leser soll erfahren, dass es noch einen anderen Weg durchs Leben gibt. Es will eine Anleitung sein, eine andere Wirklichkeit im Businessleben zu entdecken. Und das so einfach, klar und plausibel wie möglich. Wie eben die Hase-und-Igel-Geschichte ist.
Wie sieht ein guter Manager aus?
Er ist vor allen Dingen offen, ohne beliebig zu sein. Er hat eine klare Vorstellung davon, wohin die Reise gehen soll, aber er ist offen für Dinge, die anders sind. Gute Manager sind in der Lage, sich auf Situationen so einzustellen, dass sie etwas lernen können. Das zeichnet auch gute Unternehmen aus. Sie sind in der Lage, aus den Widerständen Schlüsse zu ziehen, und nicht idiotisch zu versuchen, Widerstände zu brechen. Diese Haltung braucht viel mehr Mut, als einfach nur etwas durchzusetzen.
Jeder hat das Recht, sich zu verändern.
Genau, Stück für Stück. Man muss dafür jedoch nicht in einer Sekunde die Welt auf den Kopf stellen.
Peter Felixberger ist Geschäftsführer bei changeX.
Paul J. Kohtes / Nadja Rosmann:
Hören Sie auf zu rennen.
Was Manager von Hase & Igel lernen können,

J. Kamphausen Verlag, Bielefeld 2006,
152 Seiten, 17.50 Euro,
ISBN 3-89901-096-5
Das Buch von Paul J. Kohtes und Nadja Rosmann erscheint am 15. November.
www.weltinnenraum.de
www.identityfoundation.de
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: Hören Sie auf zu rennen. . Was Manager von Hase & Igel lernen können. . J. Kamphausen Verlag, Bielefeld 1900, 152 Seiten, ISBN 3-89901-096-5

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Autor

Peter Felixberger

Peter Felixberger ist Publizist, Buchautor und Medienentwickler.

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