Arbeit hört nie auf
Patchwork-Karrieren - wie changeX-Leser leben und arbeiten.
Von Sascha Hellmann
Geradlinige Lebensläufe, das war einmal. In der individualisierten Gesellschaft von heute kann sich jeder den passenden Lebensentwurf selbst aussuchen. Brüche, Überraschungen und Durststrecken eingeschlossen. Das Leben ist ein Patchwork unterschiedlicher Phasen, riskant und abwechslungsreich. In den nächsten Monaten porträtieren wir ausgewählte changeX-Leser. Spannende Menschen mit schillernd unterschiedlichen Lebens- und Arbeitswelten. In einer Serie von journalistischen Kurzporträts. Folge 2: Toby O. Rink in Karlsruhe. / 17.01.08
Toby O. Rink
Toby O. Rink: "Arbeit hört für mich nie auf. Arbeit ist etwas, das immer in Bewegung ist. Und Arbeit sollte Spaß, Spannung und Mut sein."
Toby O. Rink ist 37 Jahre alt. Der gebürtige Karlsruher lebt mit seiner Frau und seinem Sohn auf dem Land und arbeitet in der Stadt. Nach dem Realschulabschluss bewirbt er sich für ein Grafikdesign-Studium, was jedoch nicht klappt. Er macht eine "Ausweichlehre" als Schriftsetzer - für ihn ein Glücksgriff, "weil der Praxiseinstieg sofort gegeben war". Rink erwirbt den Meistertitel und gründet zusammen mit einem Partner 1998 eine Agentur, in der bald 35 Leute beschäftigt sind. 2001 kommt der "Crash", die Firma wird insolvent. Und Rink entscheidet sich, "kleinere Brötchen" zu backen. "Ich wollte mich wieder auf die Sachen konzentrieren, die ich wirklich kann." Er gründet die Zweipersonenfirma emotion effects GmbH: "Nichts anderes als ein Designstudio, vielleicht aber mit einem anderen Anspruch als andere Designstudios."

The next big thing.


Emotion effects ist eine Agentur für medienübergreifendes Corporate Design. "Bei uns bekommen Sie ein Logo, einen Schriftzug, auch mal eine Namensgebung." Dabei beschränkt sich die Arbeit des Studios nicht auf Corporate Design im Print-Bereich, sondern ist medienübergreifend angelegt. Der Unterschied liegt vor allem im "emotionalen Anspruch", der auch den Firmennamen geprägt hat. "Der Job eines Kunden ist nicht da, um einfach 'abgearbeitet' zu werden, sondern leidenschaftliche und respektvolle Erfüllung zu erfahren - zukunftsorientiert und in beidseitigem Interesse", ist auf der Homepage der Firma zu lesen. Rink sieht die Vorzüge des Ansatzes in "großer Gutmütigkeit, Ehrlichkeit und offenem Austausch". Mit allen Kunden habe sich über die Jahre ein sehr partnerschaftliches und vertrauensvolles Verhältnis entwickelt. Sie wissen diesen Ansatz zu schätzen - gerade was die Gespräche angeht. Für Rink etwas Selbstverständliches, denn "Berufs- und Privatleben wachsen immer mehr zusammen". Dazu gehört auch die vierwöchige Kreativpause, die die Agentur einmal im Jahr nimmt. Während andere noch fragen, wie so etwas überhaupt zu machen sei, setzt der Designer auf Bestimmtheit und Transparenz - gerade gegenüber den Kunden: "Unsere Kunden akzeptieren diesen Ansatz."
Die Insolvenz 2001 hat Rinks Zukunft kreativ bestimmt: Zum einen schätzt er die Selbständigkeit. "Ich könnte mir nichts anderes mehr vorstellen." Ihm ist wichtig, sein "eigener Herr" zu sein und seine eigenen Vorstellungen verwirklichen zu können - gemeinsam mit anderen. Das ist der zweite Punkt: Kooperation ist sein Modell für die Zukunft. Seine Idee eines organisierten und unabhängigen Netzwerks für die Kommunikationsbranche wurde 2002 geboren. 2006 startet das Emotion Network als Unternehmensmodell, an dem sich bisher über 40 Fachleute beteiligen. Es ist eine offene Plattform für Selbständige aus der Kommunikationsbranche, über die sowohl fachlicher Austausch als auch die Verteilung und Realisierung von Projekten läuft, in allen Designbereichen. "Es ist eine Sache, die langsam wächst und langsam wachsen soll. Mit dem Ziel, Design zu fördern und Teams auch für größere Projekte zusammenzubringen."
Dass "Emotion" auch im Namen des Netzwerks auftaucht, ist mehr als nur ein bloßes Aufgreifen des Firmennamens. Sondern Ausdruck einer grundlegenden emotionalen Wende in Wirtschaft und Gesellschaft. "Für mich sind Emotionen nach der Kreativwirtschaft 'the next big thing'", sagt Rink.

Immer in Bewegung.


Dass Rink die Ideen bisher nicht ausgingen, prägt seinen beruflichen Werdegang: "Ich weiß nicht, ob es so etwas wie einen roten Faden gibt. Es ist immer irgendetwas in Bewegung, irgendetwas hat man immer vor." Auch sein eigenes Verhältnis von Job und Privatleben steht auf dem Prüfstand: Als Designer nehme man seine Gedanken mit nach Hause, eine strikte Trennung ist insofern nicht möglich. Alles ist eine Sache der Planung, Gewichtung: "Man möchte auf der einen Seite ein erfolgreiches Unternehmen, auf der anderen Seite sind die eigene Familie sowie das gesamte Privatleben nichts anderes als ein großes Unternehmen auf Zeit." Auf dem Land zu leben ermöglicht ihm einen Rückzug, ein Durchatmen. "Das Land ist mittlerweile eine Art Ruhepol für mich geworden."
Auf die Frage, was Arbeit ist und was Arbeit sein sollte, antwortet Rink: "Arbeit hört für mich nie auf. Es gibt zwar eine Vollendung; die sollte es in einem Projekt auch geben. Aber Arbeit ist etwas, das immer in Bewegung ist. Und Arbeit sollte Spaß, Spannung und Mut sein. Sich etwas trauen, ohne überheblich zu sein. Aber wenn der Spaß nicht da ist, ist der Anreiz nicht da - dann steckt man schnell im Hamsterrad." Seine Arbeit als Designer ist nicht an einen festen Ort gebunden, betont Rink. "Dennoch freue ich mich Tag für Tag auf unsere Büro-Umgebung und strebe einen möglichst klaren Zeitrhythmus an." Denn der gibt dem Alltag Struktur - ebenso wie gute Organisation, auf die Rink großen Wert legt: "Als Gestalter brauchen wir einen klaren Kopf und kein gedankliches Chaos, das die Qualität der Arbeit senkt", sagt er.
Auf changeX ist er auf Internetrecherchen gestoßen. Der erste Eindruck: "Eine andere Richtung - auf jeden Fall eine neue Richtung. Vorausschauend und weiter gedacht. Man findet Gedanken, die man vielleicht schon hatte, aber über die man sich bisher noch nicht getraut hat, mit jemand anderem zu sprechen." Gedanken, die andere sich vielleicht noch nicht trauten mitzuteilen oder in die Tat umzusetzen, hat Rink in seinem Leben eine Chance gegeben. Sie haben in Form einer neuer Agentur und eines neuen Netzwerkes Fuß gefasst. Und sind auf dem Weg vorwärts.

Sascha Hellmann ist freier Mitarbeiter bei changeX.

Kontakt:
Toby O. Rink
emotion effects GmbH
Bismarckstraße 17
76133 Karlsruhe
Telefon: 0721-1518865
Fax: 0721-151254654
E-Mail: office@emotion-effects.com
Internet: www.emotion-effects.com

© changeX [17.01.2008] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Sascha Hellmann
Hellmann

Sascha Hellmann ist freier Journalist in Heidelberg. Er arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.

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